Dachstiftung Diakonie, Fundraising

Weitere Stolpersteine in Burg und Kästorf verlegt

Am 12. Oktober besuchte der Künstler Gunter Demnig zum dritten Mal die Diakonie Kästorf und verlegte vor rund 50 Gästen zehn Stolpersteine. Und auch auf dem Gut Lüben in Burg wurde ein Tag zuvor in einem würdevollen Rahmen vor dem Eingangsbereich der Hauptverwaltung einen Stolperstein für Fritz Taudt verlegt.

 

Dachstiftung Diakonie, Fundraising

Erster Stolperstein auf dem Gut Lüben in Burg erinnert an Fritz Taudt

Ein besonderer Tag war der 11. Oktober 2023 für das Cornelius-Werk und die auf dem Gut Lüben lebenden und arbeitenden Menschen. Bei strahlendem Sonnenschein und in einem würdevollen Rahmen hat der Künstler Gunter Demnig vor dem Eingangsbereich der Hauptverwaltung einen Stolperstein für Fritz Taudt verlegt, der von 1934 bis 1935 als Heimkind im damaligen Landeserziehungsheim Gut Lüben lebte und unter tatkräftiger Mitwirkung des Anstaltsleiters Dr. Fritz Ihlenburg zwangssterilisiert wurde.

Während Demnig den Stolperstein verlegte, begrüßte Geschäftsführer Stefan Böhme den Künstler und die Gäste und berichtete anschließend über die Geschichte des Gut Lübens. Dr. Steffen Meyer von der Historischen Kommunikation der Dachstiftung Diakonie skizzierte dann das Leben von Fritz Taudt anhand einer Bewohnerakte, die auf Gut Lüben auf einem Dachboden entdeckt und dann an das Landearchiv Magdeburg übergeben wurde.

„Fritz Taudt war ein aufgeweckter Junge, der mit einem großen Freiheitsdrang und einem starken Willen ausgestattet war“, so Meyer. Wohl aufgrund seines von der Norm abweichenden Verhaltens und nicht wegen einer Intelligenzschwäche wurde bei ihm „angeborener Schwachsinn“ diagnostiziert, was schließlich zu seiner Zwangssterilisation führte. Fritz Taudt meldete sich nach seiner Heimzeit freiwillig zum Reichsarbeitsdienst und kam später zur Wehrmacht. Er gilt seit dem 20. Juli 1943 als in Russland vermisst.


10 weitere Stolpersteine erinnern in Kästorf am Uhrenhaus

Bei seiner Begrüßung zur Stolpersteinverlegung am 12. Oktober in Kästorf,  zog der theologische Vorstand Hans-Peter Daub Parallelen zwischen den Verbrechen in der NS-Zeit und den Angriffen der Hamas in Israel. Er betonte, dass die Menschen immer noch lernen müssten, sich mit Empathie zu begegnen. „Wir sind alle Kinder Gottes“, so Hans-Peter Daub. Anschließend folgten Grußworte vom stellvertretenden Bürgermeister Gunter Wachholz. Dr. Steffen Meyer von der Historischen Kommunikation erläuterte den Ablauf der Veranstaltung und hob die Bedeutung der NS-Erinnerungs- und Gedenkarbeit hervor, die von Teilen der Gesellschaft zunehmend diskreditiert wird. 

Danach erzählten die Patinnen und Paten der Stolpersteine den Gästen von den Schicksalen der Wanderarbeiter. Aus den sorgfältig recherchierten und zusammengetragenen Informationen bekamen die Besucher:innen einen Eindruck von ihrem Leben.

Neun der zehn Männer – Paul Bartkowiak, Otto Beyer, Wilhelm Hassenpflug, Johannes Heuer, Paul Kulling, Arthur Lehmann, Hans Schneider, Albert Schüren und Alfried Semler – diagnostizierte der Anstaltspsychiater Dr. Walter Gerson vermeintliche Erbkrankheiten. Im Zuge des Sterilisationsgesetztes, das am 1. Januar 1934 in Kraft trat,  sollten „Krankheiten“ wie „angeborener Schwachsinn“ aus dem „Volkskörper“ entfernt werden. Als Folge wurden bei den betroffenen Wanderarbeitern in acht Fällen Zwangssterilisationen durchgeführt, die Operationen erfolgten in der Regel im Allgemeinen Krankenhaus Celle und im Marienstift in Braunschweig. Otto Beyer nahm sich vor der beschlossenen Unfruchtbarmachung das Leben. Anstatt die Bewohner zu schützen, wie es eine Anstaltschronik im Jahr 1983 behauptet hat, unterstützte der Anstaltsvorsteher Pastor Martin Müller die Zwangssterilisation.

Der zehnte Wanderarbeiter, an den nun mit einem Stolperstein erinnert wird, ist Werner Bolz. Der gelernte Gärtner wurde in der Anstalt Pirna-Sonnenstein in Sachsen in einer Gaskammer ermordet – der letzte Aktenvermerk vom 12. Mai 1941 lautet diesbezüglich: „Mit Sammeltransport verlegt“. Da die Anstalten Kästorf der letzte frei gewählte Wohnsitz von Werner Bolz gewesen sind, wurde auch ihm zu Ehren ein Stolperstein verlegt.

Das größte dezentrale Mahnmal der Welt für die Oper des Nationalsozialismus wächst dank des unermüdlichen Einsatzes von Gunter Demnig und seinem Team weiter und umfasst mittlerweile rund 104.000 Stolpersteine. 

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