Durchhaltevermögen

Den Blick auf meine Ressourcen zu richten, lernte ich besonders in den drei Jahren der Ausbildung. Doch was es heißt, die Ausbildung neben Beruf, Familie und Haus und Hof zu absolvieren, weiß ich erst jetzt, kurz vor Ende der Ausbildung. Denn es gab immer wieder Momente, in denen ich an meine Grenzen stieß. Mehr als einmal kam ich an den Punkt, am liebsten alles hinzuwerfen. Und doch habe ich durchgehalten und stehe nun kurz vor dem Abschluss. Annekatrin V.-W.

Im Fokus der Ausbildung: die Ressourcen der Kinder

In der berufsbegleitenden Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin lernten wir sehr viel über Ressourcen. Wir wissen heute, kurz vor Beendigung unserer Ausbildung, viel über den ressourcenorientierten Blick, ressourcenorientierte Pädagogik. Wir lernten unsere Aktivitäten auf den Ressourcen der Kinder aufzubauen, um sie dann möglichst in die Stufe der nächsten Entwicklung zu begleiten.

Wir haben gelernt, Ressourcen sind die emotionalen, sozialen, körperlichen, sprachlichen und auch kognitiven Fähigkeiten eines Menschen, auf die er zurückgreifen kann, um Aufgaben und Herausforderungen zu bewältigen.

Meine Ressourcen … was, wo, woher?

Doch was hat mir geholfen, durchzuhalten? Was hat mich widerstandsfähig gemacht? Was sind meine Ressourcen, auf die ich aufbauen konnte?

Während meiner Schulzeit trainierte ich als Langstreckenläuferin. Dort lernte ich mir kleine Etappenziele zu setzen, wenn ich nicht mehr kann. Das ist eine Fähigkeit, die mir immer wieder half nicht aufzugeben. So lernte ich nach vorne zu schauen: „Bis hierhin habe ich es geschafft, jetzt schaffe ich es bis zum nächsten Punkt.“ Das ist eine meiner Ressourcen, die mir geholfen hat, die Herausforderung der Ausbildung anzunehmen.

„Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe!“

Eine weitere Ressource ist meine Familie, auf die ich bauen kann. Meine Kinder, mein Mann aber auch meine Mutter motivierten mich, machten mir Mut, trösteten mich und unterstützten mich. Was mir Kraft gab, war der positive Blick auf die Dinge. Ich habe mich nicht als Opfer der Umstände betrachtet, sondern bin stolz auf das, was ich erreicht habe und was wir als Familie geschafft haben. Meine Ressource war und ist unser Zusammenhalt.

Die Liebe zu meinem Beruf ist auch eine wichtige Motivationsquelle. Es ist nicht selten, dass ich nach der Arbeit, auf dem Nachhauseweg feststelle, wie ich lächelte, einfach so. Ich kann dann immer sagen: „Die Kinder haben mir ein Lächeln in mein Gesicht gezaubert.“ Dieses Lächeln, sprich meine Freude an meiner Arbeit mit den Kindern, gibt mir Kraft und spornt mich an, mein Ziel zu erreichen. Diese Lebensfreude, meine Willenskraft und diese intrinsische Motivation, meine Ausbildung für diesen Beruf erfolgreich abschließen zu wollen, das sind weitere Ressourcen.

Und dann kam „Corona“, das Chaos war perfekt – meine Ressourcen am Ende

Dann kam „Corona“ und wir alle wurden vor großen Herausforderungen gestellt. Ich bin kognitiv ganz gut aufgestellt, übrigens auch eine Ressource. Aber der Umgang mit Technik fällt mir nicht leicht. Er löst viel Stress in mir aus. So kam ich stark an meine Grenzen: plötzlich nur noch Videokonferenzen, Powerpoint-Präsentationen online, keine direkten Gespräche mehr während der Schulzeit. Kein persönlicher Kontakt mit Kolleginnen, mit denen sich kleine Freundschaften entwickelt hatten. Der Unterricht verlief nun ohne kleine witzige Einwürfe, die alle zum Lachen brachten und den Unterricht auflockerten. Denn bevor jemand einen Witz oder Spruch einwerfen kann, muss ja erst das Mikro eingeschaltet werden – und der passende Moment war vorbei. Dazu kommt schlechtes Internet – nichts funktioniert! Nach den Videokonferenzen hieß es, zu Hause Aufgaben zu bearbeiten, während draußen Baulärm ist, die schulgestresste Teenagerin Redebedarf hat, die Post klingelt usw. Das Chaos war perfekt. Spätestens in solchen Momenten dachte ich: „Jetzt sind meine Ressourcen aufgebraucht.“

Doch wir stehen jetzt alle hier, kurz vor unserem Abschluss, denn unsere allergrößte Ressource ist unser Durchhaltevermögen!

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