„Als Logopädin in Deutschland arbeiten - mein Traum ging in Erfüllung! Die Chance dazu bekam ich am Diakonie-Kolleg Hildesheim.“ (Maryam, 46 J.)
Unsere mehrsprachige Lehrlogopädin, Frau Can, führte ein Interview mit unserer mehrsprachigen Absolventin Maryam, die seit 2002 in Deutschland lebt und deren Logopädie-Diplom nicht anerkannt wurde, um als Logopädin tätig zu sein. Daher hat sie einen Anpassungslehrgang am Diakonie-Kolleg Hildesheim absolviert, den sie innerhalb von 2 Jahren abgeschlossen hat. Im Interview mit Frau Can und Maryam erfolgt ein Rückblick auf die vergangenen 2 Jahre am Diakonie-Kolleg Hildesheim.
Frau Can: Hallo Maryam, schön, dass sie hier sind. Wo und wann haben sie denn Logopädie studiert?
Ich habe in Teheran an der Universität mein Diplom in Logopädie gemacht. Mein Studium war von 1993 bis 1997.
Frau Can: Wo haben Sie danach gearbeitet und mit welchen Störungsbildern?
Nach meinem Studium habe ich als Diplom-Logopädin in meiner Heimatstadt Sari gearbeitet. Ich war halbtags beim Schulamt in der Abteilung "Learning Dysability" angestellt. Ich habe mich im Bereich „Erkennung von Lernschwächen oder Legasthenie bei Schulkindern“ weiterqualifiziert. Auffällige Kinder mit einer möglichen Lernschwäche wurden uns zugewiesen und ich musste die Ursachen dieser Lernschwäche herausfinden und entsprechende Fördermaßnahmen bestimmen.
Am Nachmittag habe ich in meiner eigenen logopädischen Praxis gearbeitet. Mein Schwerpunkt lag damals bereits bei der logopädischen Behandlung von neurologischen Patienten, also zum Beispiel Patienten nach einem Schlaganfall.
Frau Can: Wann kamen sie nach Deutschland und warum konnten sie nicht gleich weiter arbeiten als Logopädin?
Ich kam Anfang 2002 nach Deutschland. Mein Diplom wurde hier nicht anerkannt und ich durfte nicht als Logopädin arbeiten. Fehlende Sprachkenntnisse waren der Grund und es war damals überaus schwierig, einen Deutschsprachkurs zu belegen. Es gab keinen im Landkreis Goslar. Der nächstgelegene Sprachkurs wurde erst 50 Kilometer entfernt angeboten. Da meine Tochter ebenfalls 2002 hier auf die Welt gekommen ist, konnte ich erst damit beginnen als sie größer war. Meinen C1-Sprachniveau-Abschluss habe ich dann später in Braunschweig gemacht. Doch auch dies hat dann wieder nicht gereicht, um als Logopädin zu arbeiten. Nun wurde darüber hinaus verlangt einen erfolgreich abgeschlossenen Anpassungslehrgang an einer deutschen Logopädie-Schule nachzuweisen. Den Rest kennen Sie ja. Danke, dass ich am Diakonie-Kolleg aufgenommen wurde. [nickt und lacht]
Frau Can: Gerne, es freut uns, dass wir dazu beigetragen haben, dass sie diesen schönen Beruf wieder ergreifen können. Was hat denn das Landessozialamt für den Anpassungslehrgang für Fächer vorgegeben, die Sie noch bei uns an der Schule belegen mussten?
Das waren einige, daher auch der lange Zeitraum. Ich zähle mal die Grundlagenfächer auf: Audiologie, Soziologie, Pädagogik, Aphasiologie, Neurologie und Psychiatrie, Berufs-, Gesetzes-und Staatsbürgerkunde. Und dann noch praktische: Stimmbildung und Sprecherziehung sowie Praktika in einer Klinik.
Frau Can: Das ist ja eine ganze Menge. Wie haben Sie die Zeit im Diakonie-Kolleg erlebt?
Der Anpassungslehrgang war für zwei Jahre ausgelegt. Neben den oben genannten Pflichtfächern habe ich darüber hinaus an für mich interessanten Fächern teilgenommen. Vielen Dank an Sie, dass mir das durch das Diakonie-Kolleg ermöglicht wurde und ein großes Lob an das Team des Diakonie-Kollegs. Ich habe mich hier sehr willkommen gefühlt. [lächelt]
Frau Can: Das freut uns sehr. Was hat sie im Diakonie-Kolleg beruflich besonders weiter gebracht und was hat ihnen gefallen?
Aus meiner iranischen Berufserfahrung wusste ich von Anfang an, in welchem Bereich ich in Deutschland arbeiten möchte. Das sind nach wie vor die neurologischen Patienten. Aus diesem Grund haben mir diese Fächer sehr viel gebracht und ich bin dankbar dafür. Alle meine Praktika habe ich in einer neurologischen Klinik gemacht. Dort arbeite ich jetzt auch.
Frau Can: Das ist toll! Was fanden sie schwierig am Anpassungslehrgang? Und welche Prüfungsleistung wurde am Ende erwartet?
Schwierig war für mich, dass ich keine eigene Klasse hatte, wie meine Mitschülerinnen. Ich musste ja von Logo 13 bis Logo 17 hin und her wechseln, um die Fächer in den 2 Jahren zu belegen, die ich brauchte. Dadurch hat mir der Klassenanschluss gefehlt. Am Ende wurde eine mündliche Prüfung zu den Grundlagenfächern durchgeführt, die ich erfolgreich bestanden habe [lächelt].
Frau Can: Herzlichen Glückwunsch! Haben Sie einen Tipp für ebenfalls Interessierte am Anpassungslehrgang, den sie vor Beginn mit auf den Weg geben würden?
Ich würde freiwillig noch mehr Praktika machen, zum Beispiel in den Schulferien, um mehr Erfahrungen zu sammeln. Aus diesem Grund habe ich für mich selbst zusätzlich ein 5-wöchiges Praktikum gemacht. Ich hatte zwar schon Berufserfahrung in meinem Heimatland, aber der Umgang und die Betreuung der Patienten in deutscher Sprache war doch eine Herausforderung für mich.
Schön wäre, wenn man fest einer Klasse zugeteilt wäre, damit der Klassenanschluss gelingt. Gut gewesen wäre, man würde mit der Klasse dann auch zusammen das Examen machen.
Der Anpassungslehrgang inklusive Praktikum war auf 2 Jahre angelegt. Ich war mit allen verlangten Fächern schon etwas früher fertig. Das Examen war dann gemäß Planung etwas später. Hier könnte das Diakonie-Kolleg einen strafferen Anpassungslehrgang anbieten, bei dem das Examen entsprechend früher erfolgen kann. Sie haben ja jetzt durch mich auch die entsprechende Erfahrung dafür. [lacht fröhlich]
Frau Can: [lacht] Da haben sie recht, vielen Dank für ihre Rückmeldung! Es freut mich, dass sie wieder ihrem Beruf nachgehen können und der Anpassungslehrgang sie fachlich und praktisch weiter gebracht hat. Kommen wir noch einmal zu ihrer Mehrsprachigkeit, welche Sprachen sprechen Sie denn?
Meine Muttersprache ist Farsi, also Iranisch, außerdem spreche ich noch Deutsch und Afghanisch und kann die Sprachen auch lesen und schreiben sowie Arabisch lesen und verstehen.
Frau Can: Das ist interessant, wie sie aus meinem Unterricht wissen, spreche auch ich Deutsch und Türkisch fließend und kann beides schreiben. Wie haben Sie denn das Thema Mehrsprachigkeit wahrgenommen, als Sie sich für den Anpassungslehrgang entschieden haben?
Ich wollte unbedingt diesen Beruf hier in Deutschland weiter ausüben, weil ich den Bedarf gesehen habe, als mehrsprachige Logopädin zu arbeiten. Man kann von Beginn an der Behandlung mit den unterschiedlichen Sprachen arbeiten. Und mit Blick auf die Flüchtlings-oder Gastarbeitersituation in Deutschland wird es einen steigenden Bedarf geben. Außerdem wurde ich vom Iranischen logopädischen Verband angeschrieben mit der Bitte, Patienten aus dem Iran hier zu therapieren, was mir bisher ja noch nicht erlaubt war. Das gezeigte Interesse hat mich wirklich gefreut und es ist toll, dass ich dies im Rahmen der Klinik jetzt kann.
Frau Can: Es ist wunderbar, dass sie ihre Mehrsprachigkeit als Logopädin jetzt in ihrer Arbeit einbringen können und ich gebe ihnen Recht, der Bedarf an mehrsprachigen Logopäd*innenwird zunehmen! Ich wünsche ihnen weiterhin viel Erfolg in der neurologischen Klinik und stets Freude an der Arbeit mit den Patienten. Vielen Dank für das aufschlussreiche und interessante Interview!