Aufgrund von NS-kritischen Aussagen oder Handlungen wurden sie auf unbestimmte Zeit und ohne eine Möglichkeit zum Einspruch inhaftiert. Nun machen die Stolpersteine für Paul Alfred Basse, Max Alfred Dunkel, Max Habermann, Elisabeth Thran und Hermann Thran den Gifhorner Schlossplatz zu einem Ort des bewussten Erinnerns. Unter den Gästen, die der Stolpersteinverlegung beiwohnten, waren unter anderem Angehörige von Elisabeth Thran und Hermann Thran sowie von Max Alfred Dunkel, dessen Angehöriger während der Verlegung eine bewegende Ansprache hielt.
Nach der Stolpersteinverlegung im Gifhorner Schlosshof fuhr Gunter Demnig weiter nach Kästorf, wo er auf dem Gelände der Jugendhilfe zwei weitere Steine verlegte: Heinz Försterling und Wilhelm Noltemeyer lebten in den 1930er Jahren im damaligen Jungenheim Rischborn und wurden aufgrund der Diagnose "Angeborener Schwachsinn" zwangssterilisiert. Während Heinz Försterling den Nationalsozialismus überlebte, verstarb Wilhelm Noltemeyer am 14. März 1945 wenige Wochen vor der Befreiung durch die Alliierten im KZ Bergen-Belsen. Genau wie auf dem Schlossplatz begleitete auch hier der Hannoveraner Musiker Nicolae Gutu die Stolpersteinverlegung mit seinem Akkordeon.
Zur Einstimmung auf die beiden Stolpersteinverlegungen hielt Gunter Demnig am Vorabend einen Vortrag über seinen künstlerischen Werdegang im Mehrgenerationenhaus in Gifhorn. Knapp eine Stunde lang berichtete er, wie sich seine international bekannten Kunstprojekte seit Ende der 1960er Jahre entwickelten, zum Beispiel das Projekt "Mai 1940 – 1000 Roma und Sinti“, bei dem er 1990 den Deportationsweg der Kölner Sinti und Roma mit einer Lackspur sichtbar machte. Dieses und ähnliche Projekte brachten im Jahr 1992 das Stolpersteinprojekt hervor: Während die ersten Steine noch illegal in die Erde kamen, wurden mittlerweile über 116.000 Stolpersteine in über 30 Ländern im Rahmen von feierlichen Anlässen verlegt.
Die rund sechzig Zuhörenden wurden nach dem Vortrag zu einer Fragerunde eingeladen, bei der einige Gäste Interesse bekundeten, im Rahmen möglicher Stolpersteinverlegungen auch in ihren eigenen Gemeinden mit der Recherche zu Opfern des Nationalsozialismus zu beginnen.
Auch dieses Jahr geben die Dachstiftung Diakonie und die Stadt Gifhorn gemeinsam eine Begleitbroschüre zur Stolpersteinverlegung heraus: Auf rund siebzig Seiten wird aus den Leben der sieben Menschen berichtet, für die neue Stolpersteine verlegt wurden, sowie über die Geschichte des ehemaligen Gerichtsgefängnisses in Gifhorn und die damaligen Kästorfer Anstalten zur Zeit des Nationalsozialismus. Die Broschüre liegt kostenlos im Archiv der Dachstiftung Diakonie und bei der Unternehmenskommunikation in Kästorf aus, sowie im Mehrgenerationenhaus, im Stadtarchiv und in der Stadtbibliothek in Gifhorn.
Weiterführende Informationen
- aktuelle Stolpersteinbroschüre zum Download
- Informationen zu Gunter Demnigs Stiftung "Spuren" gibt es auf der Website Stolpersteine.eu
- mehr zur Historischen Kommunikation der Dachstiftung Diakonie